27.12.2017Teilen

Reisebericht: Unterwegs in Myanmar

Schon lange habe ich mich auf meine Reise nach Burma (Myanmar) gefreut und mich gefragt, wie es nun sein würde im Goldenen Land des „Alten Asiens“, das längst in eine neue Ära aufgebrochen ist. Was erwartet mich im Land des Glaubens und der Tradition mit Landschaften, die übersät sind von Jahrhunderte alten vergoldeten Stupas und Pagoden, wo Mönche mehr verehrt werden als Rockstars? Nach meiner Ankunft in Yangon, der früheren Hauptstadt, geht es über verkehrsreiche Straßen Richtung Downtown, wo ich alte Kolonialbauten, die einst sehr prächtig gewesen sein müssen, neben dem ein oder anderen hippen Café entdecke. Der Fahrer ist traditionell gekleidet in einem typischen burmesischen Longyi, in den er sein Smartphone gesteckt hat. Internetzugang ist mittlerweile weit verbreitet, was für Reisende sehr hilfreich ist. Schnell wird der Kontrast zwischen Tradition und Moderne sichtbar, denn Burma ist ein Land im Wandel und sehr in Arbeit. Meinen ersten Abend verbringe ich an der Shwedagon Pagode im Herzen Yangons und bin sofort verzaubert von der friedvollen Atmosphäre dieses buddhistischen Pilgerorts. In der Abenddämmerung bricht die Sonne durch die Wolken, sodass der etwa 100m hohe Stupa golden aufglüht und einen ganz besonderen Zauber versprüht. Im Schein der unzähligen Öllampen beobachte ich Mönche und Nonnen, betende Buddhisten und Touristen und merke, wie sich mein Atem verlangsamt.

Gleich am nächsten Tag habe ich etwas Besonderes vor, auf das ich schon lange gespannt war. In einem der bekanntesten Klöster des Landes treffe ich einen ehrwürdigen Mönch, erfahre viel über das Leben der Mönche in Burma und lerne von ihm, worauf es bei der Vipassana Meditation ankommt. Er ist 70 Jahre alt und lebt schon seit Jahrzehnten in diesem Kloster. In seinem dunkelroten Gewand schaut er mich freundlich an und erklärt in gutem Englisch wie ich durch die Vipassana – oder Achtsamkeitsmeditation das Nirwana erreichen kann. Unter seiner geduldigen Anleitung meditiere ich abwechselnd im Sitzen und im Gehen insgesamt 2 Stunden lang. Eine große Herausforderung, habe ich zuerst gedacht und es dann doch erstaunlich gut geschafft. Das Nirwana habe ich zwar nicht erreicht, aber unwahrscheinlich entschleunigt und den europäischen Rhythmus hinter mir gelassen. Ein perfekter Zustand, um meine Rundreise zu starten.

Alle Orte, die ich während dieser Reise besuchen konnte, haben mich landschaftlich und kulturell begeistert und fasziniert. Die archäologische Stätte Bagan, das religiöse Zentrum Mandalay, der Ayeyarwady-Fluss als Lebensader des Landes, das Bergdorf Kalaw sowie die schwimmenden Dörfer und Gärten auf dem Inle See. Würden Sie mich nach meinem persönlichen Highlight fragen, würde ich wahrscheinlich als erstes von Bagan schwärmen. Neben Angkor in Kambodscha bilden die Tempel von Bagan (dem ersten Königreich Burmas) die größte archäologische Anlage Südostasiens. Auf einer riesigen Fläche befinden sich hier ca. 3.000 Tempel als stumme Zeugen einer ruhmreichen Zeit, die längst vergessen ist. Geblieben ist ein geheimnisvoller Ort, an dem man sich fühlt, als sei man durch Raum und Zeit gefallen.
Das Panorama ist traumhaft – Tausende von Ziegelsteinpagoden in allen Größen verteilen sich auf staubigen Feldern und verschenken vor allem zum Sonnenauf- und -untergang magische Momente – Bilder, die für immer im Kopf bleiben. Die bedeutendsten und schönsten Tempel hat mir hier unser Guide Myo per Fahrrad gezeigt. Auch wenn er zwischen den Tempeln von Bagan, wo heute niemand mehr wohnen darf, aufgewachsen ist, kennt er sich nicht nur hier bestens aus, sondern weiß auch über aktuelle Spielergebnisse der deutschen Fußball-Bundesliga Bescheid. Er erzählt viel über die Geschichte und die Gegenwart, über Traditionen und Entwicklungen Burmas und macht deutlich, wie sehr sich die Menschen Veränderungen wünschen. Wirtschaftliche Veränderungen, die sich in Burma vollziehen, beschränken sich weitgehend auf die großen Städte während der Großteil noch immer sehr ländlich geprägt ist und traditionelle Werte lebt.

Als Myo am Mt. Popa leidenschaftlich vom burmesischen Nat-Kult spricht, scheinen auch in ihm traditionelle Werte tief verwurzelt zu sein. Ich bin dankbar für Begegnungen mit Einheimischen wie Myo, die sanftmütig, humorvoll, rücksichtsvoll und neugierig sind und es Besuchern ermöglichen, eine Verbindung zu diesem außergewöhnlichen Land herzustellen.

Dieser Beitrag wurde geschrieben von:

Sarah Obels