15.09.2017Teilen

Interview mit Reiseleiterin & Yogalehrerin Minka Hauschild

"Seit meiner Jugend lebe ich mit und für die Malerei, den Yoga und die buddhistische Meditation." In einem Interview mit NEUE WEGE erzählt Yogalehrerin und Reiseleiterin Minka Hauschild was sich in Ihrem Leben durch Yoga und Meditation verändert hat. Sie dürfen gespannt sein, worauf sie sich bei Ihren Reisen nach Indien, Nepal und Tibet besonders freut...

Liebe Minka,
deine erste Begegnung mit Yoga hattest du in deiner Pubertät. In welcher Art und Weise hat dich die Yogapraxis geprägt und was fasziniert dich an ihr besonders?

Yoga, Meditation, Malerei, alles begann ungefähr zur gleichen Zeit als ich 15 Jahre alt war. In meiner frühen Jugend war ich Kunstturnerin, wegen Rückenschmerzen musste ich den Sport aufgeben, das machte die Pubertät schwierig. Meine Mutter nahm mich in den ersten Yogakurs mit, der in unserem Dorf bei Neuwied am Rhein angeboten wurde. Ich erinnere mich noch an die erste Seitwärtsdehnung in der wir mehrere Minuten verweilten, zu dieser Zeit war der Yoga noch sehr langsam, Yin-Style. Das Gefühl, wie der Atem in die Flanken strömt und meinen Geist dorthin mitnimmt, alles von mir war in meiner geöffneten Flanke. Es war fremd, vertraut und wunderbar meine Rippen von innen zu spüren. Ich fand es schwierig die Asanas lange zu halten, es regte sich Wiederstand der sich jedoch einfach auflöste indem ich sanft in der Haltung blieb. So geht das also mit den Emotionen. Sie kommen, machen die Welle und verschwinden wieder – das war mir neu, noch nie hatte ich Sie beobachtet. Nach der Session spürte ich ein Gefühl von Anwesenheit und Stille, auch das kannte ich so noch nicht. Der Yoga tat meinem Körper und meiner zarten Seele so gut, dass ich ihn fest in meinem Leben halten wollte, also musste ich Yogalehrerin werden, um davon zu leben. Das hat geklappt.

Yogalehrerin und Buddhismus-Expertin Minka Hauschild

Die frühen Yogakongresse der europäischen Yogaunion in Zinal waren zu der Zeit sehr bekannt. Dort lernte ich viel, noch vor dem Abitur. Obwohl ich später vom Iyengar-Yoga sehr geprägt wurde und den Einsatz von Hilfsmitteln schätze, braucht es im Zweifelsfall noch nicht einmal eine Matte, um überall zu üben, denn auch den Geist zu drehen und zu wenden ist Yoga und hilft aus jeder schwierigen Situation das Beste zu machen. Yoga ist ein Segen in jeder Lebensphase. Nun bin ich 55 Jahre alt und mich fasziniert bis heute die komplexe Verbindung von Körper und Geist sowie die vielen Möglichkeiten des Yoga, uns immer wieder zu regulieren, stimulieren, regenerieren und stärken.

Seit deiner Jugend ist das Malen ein Teil deines Lebens. Wie kamst du zur Malerei?

Als Weihnachtsgeschenk kam ein Ölmalkasten, Pinsel und Leinwand. Mit diesem Set versank ich Tag um Tag jenseits von Zeit und Raum. Daraufhin studierte ich an der berühmten Kunstakademie Düsseldorf Malerei und absolvierte die Yogalehrausbildung im BDY bei Anna Trökes. Nachts bin ich Taxi gefahren, in den Pausen habe ich im Ratinger Hof abgerockt, dort begannen gerade die Toten Hosen. Es war die wilde und bewegte Zeit des Punk in den 80gern. Die Kunstakademie züchtete eine „Kunstelite“, eine gute und harte Lebensschule, aber sehr neurotisch. Was ist Kunst und wie kann man das lernen? Ich wollte einfach eine gute Malerin werden. Die Yoga Ausbildung und die Meditation haben mich stabilisiert, sonst wäre ich untergegangen, denn ich habe ja auch diese wilde und partyfreudige Seite in mir, die durch die yogische Disziplin gezügelt wird.

Kurze Zeit später bist du das erste Mal mit dem Buddhismus in Berührung gekommen. Wie haben die buddhistischen Lehren deinen weiteren Weg bestimmt und in welcher buddhistischen Tradition lehrst du?

Zur gleichen Zeit kamen die ersten Iyengar-Yogalehrer nach Deutschland, z.B. Dharmapriya. Er trainierte uns und ich liebte diese fordernde, strukturierte Asanapraxis. Doch mein Geist blieb hungrig. Soeben kam Ayya Khema von Sri Lanka nach Deutschland gezogen, um zu lehren. Bei ihr verbrachte ich viele Semesterferien in langen Schweige-Retreats über 10 Jahre bis zu ihrem Tod 1997. Hier war das Geistestraining nach dem ich mich sehnte! Dann wurde es immer Tibetischer. Mit Sylvia Wetzel und Tsültrim Allione tauchte ich tief in den tibetischen Buddhismus ein. In meinen Jahren in Nepal lebte ich an der Quelle. Ich habe gelernt, dass ich weder meine Gedanken noch meine Emotionen bin, immer wieder ertappe ich mich wie meine Meinungen und Bewertungen mich eng machen und wie sich alles verfestigt in Denkgewohnheiten und alten Mustern. Dann sind es nicht nur die Übungen die mir helfen wieder offen und frisch zu werden, auch die psychologische und pädagogische Weltsicht hilft mir, wieder warmherzig, fokussiert oder staunend zu sein.

Du begleitet seit einigen Jahren unsere Reisen nach Nordindien, Nepal und Tibet und hast für drei Jahre in Nepal gelebt. Wie würdest du Land und Leute beschreiben und was fasziniert dich besonders an diesen Ländern?

Diese Länder sind zu unterschiedlich, um Sie gemeinsam zu beschreiben, Indien ist im Flachland, schwül heiß, groß und machtvoll. Tibet liegt sehr hoch mit einem rauen, kalten windigen Klima. Nepal ist ein Himalaya Staat, der wie ein Sandwich zwischen Indien und Tibet/China liegt und in dem die Wege schwierig sind. Seit 20 Jahren bin ich jedes Jahr unterhalb, oberhalb und im Himalaya unterwegs. Das Leben ist bunt, oft chaotisch, vieles scheint unberechenbar und doch geht es oft leicht voran. Nichts erwarten oder hoffen, aber ausgerichtet bleiben – das klappt gut. Die Nepalis sind tolle Leute, freundlich, zäh und sehr hilfsbereit. Sie sind mutig, können improvisieren, abwarten, zupacken und feiern.

So wie jedes Land einen eigenen Geruch zu haben scheint, ist es der Geruch, den ich atme wenn ich das Flugzeug verlasse, der mein Herz öffnet. Das bunte Chaos, die vielen Wiedersprüche und überquellende Lebendigkeit mag ich in diesen Ländern am meisten. Es sind Länder mit alten Hochkulturen und ausgeprägter Religiosität. Der tibetische Buddhismus ist ein großes Geschenk an die Menschheit.

Deine Reisen mit NEUE WEGE führten dich bereits mehrmals zum heiligen Berg Kailash nach Tibet. Hast du spontan ein Erlebnis von einer Reise, das dich immer noch berührt oder zum Lachen bringt?

Einmal führte ich eine reine Frauengruppe um den Kailash. Wir machten die Praxis der grünen Tara mit Niederwerfungen (soweit wie möglich, in dieser Höhe.) Eine junge kleine Nonne aus Ost Tibet beobachtete uns und schloss sich uns an. Sie verbrachte die Sommer Saison im Kailash Gebiet und machte so viele Koras wie möglich. Es war im tibetischen „Wind-Pferd-Jahr“ 2002, in dem sich die karmischen Früchte aller begangenen Handlungen in ihrer Wirkung um ein vielfaches vermehren. Viele Tibeter pilgern in diesem Jahr, das alle 12 Jahre wiederkommt. Vermutlich war Sie im Auftrag ihres Dorfes unterwegs. Bereits 9-mal war Sie um den Manasarowar See gelaufen und mit uns auf ihrer 11. Kailash Kora. Und die Saison war noch lange nicht zu Ende… Sie folgte uns mit dem Abstand eines scheuen Hundes. Als die Nacht anbrach brauchten wir einen Schlafplatz für Sie. Bei den Nepalis im Küchenzelt konnte Sie nicht bleiben, es waren alles Männer, also zog Sie in mein Zelt ein. Sie leerte die Inhalte ihrer Robenfalte und heraus kam ein kaputter Kassetten Rekorder, Kleingeld und zerbröselte Kekse. Dann rollte sie sich zusammen und blieb unbewegt bis in den Morgen. Als ich aufwachte saß Sie bereits vor meinem Zelt und wartete darauf, dass es weiter geht. Am Ende der Kora kamen wir wieder nach Darchen ins Basecamp. Dort bog Sie ab und verschwand still und schnell in einem tibetischen Pilgerzelt, um Gefährten für ihre nächste Runde zu finden.

Worauf freust du dich am meisten, wenn du an deine Reisen nach Nordindien, Tibet und Nepal im nächsten Jahr denkst?

Ich freue mich darauf, unseren Gästen diese wunderbaren Länder zu zeigen, alte und gute Freunde wieder zu treffen und wie ein Fisch ins Wasser einzutauchen.

Hast du noch eine Weisheit, die du unseren Blog Lesern mitgeben möchtest?

„Die Dinge sind nicht so wie Sie zu sein scheinen, aber anders sind Sie auch nicht.“ (Lankavatara Sutra)

Dieser Beitrag wurde geschrieben von:

MInka Hauschild