29.03.2019Teilen

Buchtipp: Stress adé – Vom Kopfkino zum Freigeist

Stress ist „in“ und alle laufen mit. Doch die Hektik tut uns nicht mehr gut, unterwegs ist uns die Freude verloren gegangen. Das Autorenpaar Jürgen Bräscher (Feldenkrais-Lehrer) und Petra Pliester (Mitarbeiterin in einem Ayurvedazentrum) hat sich über NEUE WEGE Reisen kennengelernt. In ihrem neuen Buch „Vom Kopfkino zum Freigeist“ beschreiben die beiden, wie es gelingen kann, ein selbstbestimmtes Leben ohne Stress zu führen.

1. Was hat Euch dazu veranlasst, das Buch „Vom Kopfkino zum Freigeist zu schreiben?

Für viele Menschen sind ständig kreisende Gedanken unlängst zur Gewohnheit geworden, wie ein Kopfkino, das uns jeden Tag den gleichen Film zeigt. Doch wir können diesen Film jederzeit unterbrechen und in den Freigeist-Modus umschalten. Das erfordert lediglich etwas Übung.

Oftmals begeben wir uns dafür in Gesundheitskurse, zum Beispiel mit Yoga, Feldenkrais oder auch auf eine Seminarreise, um mit Gleichgesinnten in einem extra dafür vorgesehenen Raum zu üben. Das ist ein wunderbarer Anfang. Doch aus meiner Erfahrung als Feldenkrais-Lehrer heraus weiß ich, dass das Gelernte allzu oft zurückbleibt, wenn wir diesen Raum verlassen. Das Übungsfeld gehört aber genau dahin, wo unsere Probleme sind: in den Alltag. Hier gilt es, eingefahrene Pfade zu verlassen und auf seine eigene Intuition zu vertrauen. Wir müssen alltägliche Gegebenheiten als Bühne für unsere Übungen betrachten und unser Verhalten verändern, sobald es die Situation erfordert. In unserem Buch zeigen wir anhand vieler Beispiele, wie wir auf diese Weise allmählich aus dem Stress heraus und in den Freigeist-Modus hinein gelangen.

 

2. „Spüren ist der Schlüssel zur Veränderung“, ist eine Eurer Thesen. Welche Rolle spielt die eigene Wahrnehmung, wenn wir unser Leben entschleunigen wollen?

Autorenpaar Jürgen Bräscher und Petra Pliester Interview Buch Vom Kopfkino zum Freigeist Verlag Zeitenwende

Um sein Leben zu überdenken, braucht es einen guten Abstand vom Alltagsrummel und Zeit für sich. Denn erst wenn wir nicht ständig mit den Belangen von anderen Menschen beschäftigt sind, beginnt die Wahrnehmung der eigenen Bedürfnisse. Oftmals sind wir nach bestimmten Situationen direkt erschöpft oder es geht uns am nächsten Tag nicht gut. Und dann erst fragen wir uns, was wir uns zugemutet haben.

Weitaus besser ist es doch, zeitnah zu spüren, dass ein Gespräch, eine Gruppendynamik oder ein Familiendrama uns nicht gut tun, und dass wir sofort darauf reagieren können. Damit verfügen wir über eine Art Frühwarnsystem, das uns vor Grenzüberschreitungen oder Manipulationen in Kenntnis setzt. Entscheidend ist dann, die gespürte Information ernst zu nehmen und entsprechend zu handeln.

Dass wir selbst achtsam mit uns selber und anderen umgehen, heißt noch lange nicht, dass unser Umfeld dies ebenfalls tut. Es gibt immer wieder Menschen, die wir „Merknixe“ nennen. Sie gehen sozusagen „über Leichen“, um ihre eigenen Interessen zu waren. Haben wir die Fähigkeit, zu spüren und das Gespürte richtig zu interpretieren, werden wir sofort aufmerksam, wenn wir es wieder einmal mit einem „Merknix“ zu tun haben. Dann müssen wir nicht in dieser Situation verharren, sondern können gleich ins Handeln kommen und unseren eigenen Weg gehen.

 

3. Der Untertitel Eures Buch lautet „Selbstbestimmt statt voll im Stress“. Inwiefern steht der Stress einem selbstbestimmten Leben im Wege?

Wenn wir im Stress sind und unter Zeitdruck funktionieren, wenden wir feststehende Verhaltensweisen an, um unsere To-do-Listen möglich effizient abzuarbeiten. Wir bewegen uns ferngesteuert wie auf Schienen, schauen nicht nach rechts oder links, sondern versuchen nur, so schnell wie es geht voranzukommen, in einem Takt, den andere vorgeben.

Selbstbestimmt zu sein ist aber genau das Gegenteil. Es bedeutet, im eigenen Rhythmus voranzuschreiten, kreativ zu sein und dabei das eigene Tun sowie die Wegstrecke zu genießen. Erst das macht ja die Lebensqualität aus. Zwischendurch gilt es, auch einmal innezuhalten, Pausen zu machen und sich die Frage zu stellen, ob der Weg noch richtig ist oder ob wir lieber eine andere Strecke wählen möchten, weil sie inzwischen besser zu uns passt. All das geht im Alltagsstress meist unter, zumal sich dieser längst nicht nur auf das Arbeitsleben beschränkt, sondern auch in das Privatleben Einzug gehalten hat. Selbst hier gibt es immer weniger Ruheinseln.

 

4. Den eigenen Weg zu gehen heißt ja auch, authentisch zu sein. Warum ist das so wichtig?

Wer beruflich oder privat ständig etwas tut, was ihm widerstrebt, lebt in einem ewigen Widerspruch. So etwas geschieht zum Beispiel aus Sicherheitsdenken heraus oder einfach, weil Menschen das Bedürfnis haben „dazu“ zu gehören. Wenn sich jemand jeden Tag aufs Neue dazu überwinden muss, seinem Beruf nachzugehen, ist das sehr anstrengend und erzeugt Stress.

Übt er gar eine Tätigkeit aus, in dem er anderen Menschen oder der Natur schadet, kommen Gewissenskonflikte hinzu. Diese Person mag es verdrängen, sich die Dinge schön reden oder behaupten, sie hätte keine Wahl, aber ein Teil von ihr ist sich immer bewusst, dass sie etwas Falsches tut und dieses Gewissen lässt sie nachts schlecht schlafen. So ist dieser Mensch permanent im Kampf mit sich selbst: Er täuscht vor, jemand zu sein, der er nicht ist.

Ein Leben im Widerspruch bringt es außerdem mit sich, dass die eigenen Talente nicht zum Ausdruck kommen. Die persönlichen Stärken zu leben, trägt aber gerade zu einer tiefen Zufriedenheit im Leben bei und ist auch für die Gesellschaft wichtig, die gerade einen enormen Umbruch erfährt. Zurzeit sind wir an einem Punkt, wo Kreativität und Innovationskraft dringend gebraucht werden, um zum Beispiel den Umweltschutz oder unser soziales Miteinander umzustrukturieren. Als Autoren sind wir davon überzeugt, dass jeder Mensch mit seinen ganz persönlichen Fähigkeiten dazu beitragen kann, diese Veränderungen zum Wohle aller herbeizuführen, ähnlich wie bei einem Puzzle, bei dem jedes Teil für das Gesamtbild wichtig ist. Doch dazu müssen wir alle uns frei entfalten und uns selbst leben können.

 

5. Inwiefern haben wir jetzt die Möglichkeit, unser Leben und damit die ganze Gesellschaft zu verändern?

Das hohe Stresslevel hat unsere Gesellschaft an ihre Grenzen geführt. Die Menschen wollen für sich und für ihre Familie ein anderes Leben, machen aber weiter wie bisher. So ändert sich gar nichts.

Doch momentan haben wir eine große Chance. Zum ersten Mal in unserem Leben gibt es durch die Vollbeschäftigung mehr Arbeitsstellen als Arbeitssuchende. Somit sind wir ab sofort nicht mehr auf Gedeih und Verderb einem Arbeitgeber ausgeliefert, sondern es gibt überall die Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Es ist Zeit, für uns einzustehen, da wir nicht mehr erpressbar sind und keine Angst mehr zu haben brauchen. Wir können endlich „nein“ sagen zu hohen Stressbelastungen, zu dauerhaften Überstunden und unerträglichen Arbeitsbedingungen. Dadurch können wir unsere eigene Wahrheit leben und für unsere Gesundheit und unseren Lebensraum eintreten.

In unserem neuen Buch stellen wir auf über 40 Seiten eine Utopie mit Anregungen vor, wie ein neues Deutschland entstehen kann. Das eröffnet uns allen wieder die Chance, ein Leben von Mensch zu Mensch und nicht von Termin zu Termin zu führen.

 

Vom Kopfkino zum Freigeist – Selbstbestimmt statt voll im Stress
Erschienen im Verlag Zeitenwende
248 Seiten, mehrere s/w Abbildungen
ISBN 978-3-945701-19-5
Preis 15,80 EUR (D), 16,30 EUR (AT)
Überall im Handel – auch als eBook

 

Dieser Beitrag wurde geschrieben von:

Autorenpaar Petra Pliester und Jürgen Bräscher