Interview mit Yogalehrerin Mie Horiuchi
Liebe Mie,
NEUE WEGE: Deine Yoga-Kurse werden als tiefgründig, bewusst aufgebaut und fließend beschrieben. Wie entwickelst du deine Kurse, und was ist dir besonders wichtig, wenn du andere anleitest?
Mie Horiuchi: In meinen Kursen lade ich die Teilnehmer dazu ein, eine einzigartige Mischung aus Asanas (Körperhaltungen), Choreografie, Pranayama (Atemübungen) und Klang zu erkunden – alles in einem sicheren, nicht-kompetitiven Raum. Im Gegensatz zu anderen körperlichen Übungen geht es beim Yoga nicht darum, Körperhaltungen zu meistern, sondern sich auf eine Reise nach innen zu begeben: uns selbst zu entdecken, zu akzeptieren und anzunehmen, wer wir wirklich sind. Ich gestalte jede Sequenz so, dass sie für alle Niveaus zugänglich ist und sowohl Komfort als auch Herausforderung bietet, damit jeder Teilnehmer mit Mitgefühl an seine eigenen Grenzen gehen kann.
NEUE WEGE: Du hast in vielen Ländern gelebt und gearbeitet. Wie haben diese interkulturellen Erfahrungen deine Yoga-Praxis und deinen Unterrichtsstil geprägt?
Mie Horiuchi: Das Aufwachsen in Japan und das Leben in Europa, Nordamerika und Ostafrika haben in mir eine tiefe Flexibilität, Offenheit für Vielfalt und Neugierde geweckt, immer wieder Neues auszuprobieren.
In einem globalen Umfeld hat das, was in einer Kultur als „richtig“ oder wichtig empfunden wird, in einer anderen Kultur möglicherweise nicht dieselbe Bedeutung. Dieses Bewusstsein spiegelt sich in meiner Praxis wider, in der ich offen für neue Möglichkeiten bleibe, meine Überzeugungen und Annahmen überdenke und meine Urteile milde gestalte. Indem ich Etiketten und Vorlieben loslasse, erlaube ich mir, einfach mit dem zu sein, was ist – und erweitere so meine Erfahrung der Realität zu einer umfassenderen und authentischeren.
In meinem Unterricht verknüpfe ich Erkenntnisse aus verschiedenen Traditionen, Philosophien und Praktiken, denen ich auf meiner Reise begegnet bin. Ich liebe es, zu erforschen und zu experimentieren, während ich mich gleichzeitig stark für Inklusivität engagiere. Ich bin fest davon überzeugt, dass Yoga für absolut jeden geeignet ist.
NEUE WEGE: Du bist auch Coach für einen gesunden Lebensstil, der in der japanischen Tradition verwurzelt ist. Inwiefern bereichert dieses Wissen deinen Yoga-Unterricht?
Mie Horiuchi: Als ich in Japan aufwuchs, habe ich von meinen Großeltern und Eltern tiefe Weisheiten über die Pflege des Gleichgewichts von Körper und Geist gelernt – insbesondere durch die traditionelle japanische Ernährung im Einklang mit der Natur und die Praxis der Achtsamkeit. Diese Lehren prägen weiterhin mein tägliches Leben und fließen ganz natürlich in meine heutige Yoga-Praxis und meinen Unterricht ein.
NEUE WEGE: Was bedeutet es für dich, Yoga „abseits der Matte“ zu leben? Gibt es tägliche Übungen oder innere Haltungen, die dir helfen, Yoga im Alltag zu verkörpern?
Mie Horiuchi: Die Asana-Praxis auf der Matte kann sich wie eine Miniaturversion des Lebens selbst anfühlen. Durch jede Haltung lenken wir unsere Aufmerksamkeit auf die Details – wir nehmen wahr, wie wir unsere Hände und Füße positionieren, wie wir verschiedene Körperteile einsetzen. Wir beginnen zu beobachten, wie wir mit Herausforderungen, Grenzen und Verletzlichkeiten umgehen, und in diesem Prozess lernen wir, wie wir mit uns selbst und anderen umgehen. Wir werden sensibler für Empfindungen, Emotionen und Gefühle und öffnen uns für eine tiefere Verbindung mit all diesen Aspekten.
Natürlich erstreckt sich dieses Bewusstsein über die Matte hinaus auf unser tägliches Leben. Wie können wir mit größerer Präsenz leben? Wie reagieren wir auf die unvermeidlichen Herausforderungen und Hindernisse, denen wir begegnen? Und wie können wir das enorme Potenzial in uns erweitern und erforschen?
NEUE WEGE: Reisen scheint eine wichtige Rolle in deinem Leben zu spielen. Gibt es Orte, die dich besonders berührt oder verändert haben?
Mie Horiuchi: Ja, Tansania und Sansibar. Ich habe einen Hintergrund in internationaler Entwicklung und Naturschutz und habe viele Jahre in Ostafrika gelebt und gearbeitet, insbesondere in Tansania und Uganda. Meine Reise begann in Uganda in der Außenstelle des Jane Goodall Institute – eine Erfahrung, die bis heute eine tragende Säule in meinem Leben ist.
Tansania empfängt mich immer mit seiner weiten, wilden Natur, seinen warmherzigen Menschen und einer Kultur, die von lebendiger Energie geprägt ist. Es ist ein Land der Kontraste – Kraft und Sanftheit, Ursprünglichkeit und Anmut –, das mein Herz und meine Sinne weckt und meine Verbindung zu mir selbst und der Welt um mich herum vertieft. Deshalb liegt es mir so sehr am Herzen, diese Erfahrung durch Yoga-Retreats zu teilen und andere einzuladen, dasselbe Gefühl der Verbundenheit, Präsenz und Veränderung zu spüren.
NEUE WEGE: Du begleitest unsere Once in A Lifetime Yoga Safari in Tansania. Was macht diese Reise aus deiner Sicht so besonders? Was erwartet die Teilnehmenden über die Yogamatte hinaus?
Mie Horiuchi: Unsere Yoga Safari in Tansania ist wirklich einzigartig, da sie sorgfältig auf der Grundlage unserer Erfahrungen in Tansania konzipiert wurde und großen Wert auf die Verbindung und Integration mit den lokalen Kulturen und Gemeinschaften legt.
Zusammen mit Tarakwai Safaris, die das Safari-Erlebnis fachkundig leiten, gestalten wir jede Reise von Grund auf – basierend auf unseren persönlichen Beziehungen, unserer Leidenschaft und unserer langjährigen Verbindung zu Land und Menschen in Tansania und Sansibar.
Die Teilnehmer können sich auf ein sorgfältig zusammengestelltes Programm mit Yoga, nährenden Praktiken und authentischen kulturellen Begegnungen freuen, sowie auf zusätzliche Ausflüge, die ihnen die raue Schönheit, die lebendige Energie und den Geist Tansanias näherbringen.
NEUE WEGE: Du sprichst die Sprache Kiswahili, was ziemlich selten ist. Wie beeinflusst das deine Verbindung zur lokalen Gemeinschaft und zum Land?
Mie Horiuchi: Da ich Kiswahili spreche, konnte ich mein Verständnis für die lokalen Kulturen und Gemeinschaften vertiefen und meine Verbindung zu ihnen stärken. Die Sprache selbst und die Art und Weise, wie sich die Menschen durch sie ausdrücken, spiegeln oft den Kern ihrer kulturellen Werte wider.
NEUE WEGE: Wenn du uns auf eine kleine innere Reise mitnehmen könntest: Was sind einige deiner persönlichen Höhepunkte der Yoga Safari? Welche Momente trägst du in deinem Herzen?
Mie Horiuchi: Es gibt so viele unvergessliche Momente von dieser Reise: die Begegnung mit majestätischen Elefantenfamilien und einem Löwenrudel, das Beobachten eleganter Giraffen, die ruhig in der weiten Savanne stehen, und das Lächeln der Massai und der Menschen in Tansania und Sansibar. Der Sonnenaufgang über dem Indischen Ozean, das Beobachten der einheimischen Frauen, die in den ruhigen Morgengewässern Muscheln sammeln – das sind Erinnerungen, die im Herzen bleiben.
Unsere Yoga-Praxis integriert das gesamte Erlebnis auf wunderschöne Weise und ermöglicht es uns, tief mit dem Rhythmus des lokalen Lebens, der faszinierenden Kultur und der rauen Schönheit der Wildnis und Tierwelt Tansanias sowie den ruhigen Gewässern Sansibars in Verbindung zu treten. Die Reise ist eine harmonische Mischung aus authentischer Verbundenheit, eindringlicher Natur und tiefer Yoga-Praxis, die bei jedem Teilnehmer einen bleibenden Eindruck hinterlässt.
NEUE WEGE: Welchen Rat würdest du Menschen geben, die neu im Yoga sind oder sich nicht sicher sind, ob es das Richtige für sie ist? Wie können sie ihre ersten Schritte auf sanfte und offene Weise machen?
Mie Horiuchi: Ich glaube, der beste Weg, um anzufangen, ist, es einfach auszuprobieren und dem Körper das zu geben, wozu er im Moment bereit ist. Von dort aus können wir einen offenen, abenteuerlustigen und vorurteilsfreien Geist entwickeln, zusammen mit Freundlichkeit und Geduld gegenüber uns selbst. Der Fokus unserer Praxis liegt nicht darauf, was wir körperlich „erreichen“ können, sondern darauf, Präsenz und Achtsamkeit zu fördern.
Mit dieser Herangehensweise wird Yoga zugänglicher und macht mehr Freude. Es gibt keine „falsche“ Praxis – wir machen sie für uns selbst richtig, indem wir den Fokus anpassen, die Ausrichtung verändern oder uns erlauben, einen Schritt zurückzutreten. Das Wichtigste ist, die Bewegung des Körpers mit dem Atem zu genießen und sich wieder tief mit den eigenen Empfindungen zu verbinden, sich ganz in seinem Körper zu verankern und sich seiner Präsenz bewusst zu werden.
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