23.02.2024Teilen

Interview mit Yogalehrerin Eva Keller

Liebe Eva,

NEUE WEGE: Was hat Dich dazu motiviert mit Yoga anzufangen und es zu lehren? Wie sah Deine Yoga-Reise seitdem aus?

Eva Keller: Danke für diese schöne Frage, die mich weit zurück führt auf meinem Lebensbogen. Bewegungskunst und Tanz begeistern mich, seit ich mich erinnern kann. Das unvergleichlich freudige Wohlgefühl, wenn wir in der Kindheit selbst erdachte Zirkusvorstellung probten, wunderschöne Ballettstunden mit anmutiger Ästhetik und Träumen von echten Märchen, die wahr werden, die energiereichen Stunden mit der Jazzdance AG in der Schule, jahrelange Erfahrung als Aktmodell in der Kunstakademie. Irgendwann traten zwei Aspekte deutlich in den Vordergrund. Die Sehnsucht und Suche nach Sinn, geistigen Ankern und Orientierung in dieser Welt wurde mit jedem Jahr größer. Der Körper zeigte mit unerklärlichen Schmerzen, die fast zu Bewegungsunfähigkeit führten, dass es einen dringenden Veränderungsbedarf gibt. In dieser Zeitspanne wurden meine vier Kinder geboren. Mein Verpflichtungsgefühl, gesund und munter sein zu müssen, wollte genährt werden. Yoga wurde meine Quelle. Je tiefer ich das ganzheitliche Yogasystem verstand und erfuhr, je klarer stand die Entscheidung vor mir: Hier bin ich zuhause. Das möchte ich teilen. Gleichzeitig wurde es wichtig, mir eine berufliche Zukunft zu planen. Also studierte und praktizierte ich Yoga, und auch etwas Ayurveda über mehrere Jahre intensiv und seither auch immer weiter. Mit den Zertifikaten und der Lehrerlaubnis im Gepäck, führte mich meine Yogareise seit 2002 mit vielen Menschen zusammen. Es gab einen Anfangsimpuls, den ich tatsächlich auch in der ersten Prüfungsarbeit als Thema gewählt hatte: „Yoga in den kleinen Bewegungen des täglichen Lebens“. Dem folge ich bis heute.

 

NEUE WEGE: Was bedeutet Yoga für Dich?

Eva Keller: Diese Frage möchte ich gerne allen stellen, die sich mit Yoga befassen. Und ich bin sicher, es kommen sehr unterschiedliche Antworten zurück. Das bildet sich auch in mir ab. Yoga hat in jedem Lebensbereich spezifische, subtile Wirkungskräfte und somit kann meine Antwort lang und gleichzeitig sehr kurz sein: Yoga bedeutet für mich lebendige Verbundenheit. Yoga bedeutet für mich Offenheit, Klarheit, Herzenswärme und Humor. Yoga bedeutet für mich umsichtig handeln in der Welt. Yoga bedeutet für mich mit dem Körper, mit allen Sinnen und mit dem Geist einfühlsame Präsenz zu kultivieren. Alles Mögliche andere ergibt sich daraus.

 

NEUE WEGE: Wie würdest Du Deinen Yoga-Stil beschreiben?

Eva Keller: Sanfte, aufmerksame Bewegungen in Verbindung mit der natürlichen Atmung einüben. Individuelle, regenerative Abläufe entwickeln. Physiologische und energetische Aspekte berücksichtigen. Vertrauensräume im Inneren und im Äußeren öffnen. Reflexionen zu Sinn und Lebensweise einbetten. Imagination und Potentialentfaltung ermöglichen. Meditation integrieren. Kurz: Eine authentische Mischung aus Wissen und Erfahrung zum Wohle des Einzelnen und der Gemeinschaft, zur Entfaltung von Kulturen der Verbundenheit, für körperliche und mentale Gesundheit.

 

NEUE WEGE: Inwiefern integrierst Du Meditation, Poesie und Imagination in Deinen Yoga-Unterricht?

Eva Keller: Wir leben hier momentan noch alle in einem Narrativ der rationalen Dominanz. Für ganzheitliche Gesundheit brauchen wir aber unsere vollständigen natürlichen Fähigkeiten, zum Beispiel einen verlässlichen Zugang zu unserer Intuition. Meine Meditationslehrerin, Uli Olvedi, ermunterte uns immer wieder: „Öffnet Euer poetisches Bewusstsein!“ Auch in der Theorie U von Otto Scharmer, in der ich viele Aspekte des Yoga entdecke, spielen Kunst und Vorstellungsräume eine wesentliche Rolle. Die Theorie U ist ein jüngeres Framework der Zukunftsgestaltung, welches bestehende Denkmuster auflösen möchte um eine erweiterte Sichtweise zu entwickeln, die Beziehungen und Zusammenhänge in den Mittelpunkt stellt. Das Mindset ist eine innere Haltung, die aus einem tieferen Bewusstsein für „das Ganze“ heraus agiert. Da es in dieser Epoche global wirklich von enormer Bedeutung ist, dass wir uns alle für zukunftsfähige Erneuerungen einsetzen, biete ich die erwähnten Elemente in meinen Unterrichten an. Yoga hatte historisch gesehen schon immer die Potenz, mit den Erfordernissen der Zeit zu gehen und sich so selbst konstant zu aktualisieren.

Es gibt, zum Beispiel, ein wundervolles Zitat von Arundhati Roy:

„Eine andere Welt ist bereits am Entstehen. An leisen Tagen kann ich sie sogar atmen hören.“

 

NEUE WEGE: In welcher Form unterstützen Elemente wie Gurte, Kissen, Rollen etc. Deine Yoga-Praxis?

Eva Keller: Es sind wertvolle Hilfsmittel. Bei meinem ersten Yogalehrer gab es das nicht. Er lehnte Unterstützungen ab. Also konnte ich beide Wege lernen. Im spielerischen Ausprobieren in der Körperpraxis, biete ich diese Alternative auch an. Die Wand ist eine tolle Lehrerin, die fast in jedem Raum dabei ist. Beste Unterstützung. Manchmal fordert eine reduzierte Beweglichkeit zwingend Kissen, gefaltete Decken oder Klötze. Und Gurte sind super Wegweiser in Haltungen und Bewegungen. Als „Rutschbahn“ in tiefe Wahrnehmung und Entspannung helfen kreative Kombinationen verschiedener Elemente. Gleichzeitig ist es wichtig, sich selbst auch „pur“ zu erleben um die Erkenntnisse und Empfindungen dann mit den unterstützten Variationen behutsam zu schmücken, zu atmen, zu klären…

 

NEUE WEGE: Wer aus der Yogaszene bzw. welcher Yoga-Lehrende hat Dich besonders inspiriert?

Eva Keller: Marion Heil, Eva Oberndöfer, Orit Sen-Gupta, Krishnamacharya, Desikachar, Sriram, Manuela Heider de Jansen, Lucia Nirmala – Schmidt, Uli Olvedi, Paul Grilley, Osman Yoncaova, Esther Ekhart, Ela Thole, Dr. Ronald Steiner, Sheela und Ravi Shankar und viele andere.

 

NEUE WEGE: Was dürfen die Reisegäste während der gemeinsamen Kurswoche mit Dir als Kursleitung erwarten?

Eva Keller: In der allerbesten Hoffnung, wünsche ich unseren Reisegästen eine fröhliche und inspirierende Woche. Ich werde meine Präsenz und meine Kompetenzen natürlich engagiert für uns zur Verfügung stellen und freue mich sehr auf die gemeinsamen Stunden. Wir werden sorgfältig klären, welche Bedürfnisse bestehen und unser Restorative Yoga entsprechend anpassen. Die Praxis in einer Gruppe weckt ungeahnte Energien, die wohlwollende, freundliche Atmosphäre schenkt Sicherheit. Mit den klaren Tagesstrukturen können wir innerhalb von einer Woche viel mehr bewegen, als im ersten Moment spürbar ist. Es ist eine Woche, die statt dem üblichen „schneller, höher, weiter“ einem entschiedenen „langsamer, tiefer, näher“ Raum bietet.

 

NEUE WEGE: Wem würdest Du Deine Reise mit NEUE WEGE besonders empfehlen?

Eva Keller: Wer sich in einer Orientierungsphase befindet, sich von einer Krise oder von einer Krankheit erholen möchte, profitiert ganz sicher nachhaltig von dieser Reise. Auch Reisegäste, die von sich vermuten oder wissen, dass Bewegungseinschränkungen und Schmerzen eine angepasste Yogapraxis erfordern, sind natürlich hier sehr gut aufgehoben. Und dann gibt es noch die große Gruppe von Interessierten, die ihre Zugänge zu einer tragfähigen Meditationspraxis ausbauen möchten. Zum Beispiel, um in einer stressigen Arbeitswelt souverän und gesund handlungsfähig zu sein. Herzlich willkommen in unserer gemeinsamen Kurswoche!

 

NEUE WEGE: Hast Du eine Übung oder eine Yoga-Weisheit, die Du unseren Blog-LeserInnen mitgeben möchtest?

Eva Keller: Eine Übung? Leicht und schwer zugleich? Täglich 10 Minuten den natürlichen Atem beobachten. Ungeteilte Aufmerksamkeit. Sonst nichts. Also fast nichts, - vielleicht ein wenig lächeln dabei …

Eine Yoga-Weisheit? Da erlaube ich mir ein weiteres Zitat, hier jetzt von Charles Eisenstein: „Die schönere Welt, die unser Herz kennt, ist möglich.“

 

zum Profil und Reisen von Eva Keller

 

Dieser Beitrag wurde geschrieben von:

Yogalehrerin Eva Keller